Donnerstag, 24. September 2015

All About a Girl - Caitlin Moran

Titel: All About a Girl
Autorin: Caitlin Moran
Originaltitel: How to build a girl
Verlag: carl's books
ISBN: 978-3570585429
Euro: 14,99
Veröffentlichungsdatum: September 2015
Seiten: 384
Kein Serientitel
Come in: Vom Verlag









Inhalt

England, Sozialsiedlung in Wolverhampton, 1990. Die vierzehnjährige Johanna Morrigan lebt zusammen mit Eltern und vier Brüdern in einem kleinen Haus, schläft auf der Matraze, auf der ihre Großmutter gestorben ist und sieht ihrem Vater seit Jahren dabei zu, wie er versucht ein reicher Mann durch seine Musik zu werden. Mit sechzehn beschließt sie, sich neu zu erfinden und ergattert den Posten einer Musikkritikerin bei einem angesehenen Magazin. Als Dolly Wilde tourt sie nun durch Kneipen, besucht Konzerte, führt Interviews - und entdeckt ihre Sexualität. Aber eigentlich versucht sie nur, das Leben zu verstehen und ihren Platz darin zu finden.


Meinung

Kein einfaches Buch und sicher nicht für jeden Leser geeignet - ich selbst habe noch "How to be a woman: Wie ich lernte, eine Frau zu sein" besorgt und ebenfalls gelesen. Beide Bücher gehören zusammen, das eine ist eine halbfiktionale Geschichte, bei der man die Protagonistin in ihrem achtzehnten Lebensjahr verlässt. Das andere eine Art erzählendes Sachbuch, bei dem Caitlin Moran sehr viel von ihrem eigenen Leben hineingepackt hat - und das dadurch wie eine Art Fortsetzung wirkt.
"All About a Girl" ist übrigens ein deutscher Titel in englischer Sprache, der aus "How to build a girl" hervorgegangen ist; und wenn wir schon dabei sind, passt das Original ein Quäntchen besser. Johanna ist, wie die Autorin, mit zahlreichen Geschwistern und Sozialhilfeempfängern als Eltern geschlagen. Das macht ihr jedoch gar nichts aus - dies ist kein Roman, der großartig auf Klischees herumreitet und das soziale Elend anprangert. Hier ist es wie es ist und alle versuchen irgendwie damit klarzukommen und das auf ihre ganz eigene Art und Weise. Trotzdem wird deutlich, wie prekär die Situation ist und was für Folgen das haben kann. Obwohl es eine historische Geschichte ist, wenngleich nur um fünfundzwanzig Jahre verschoben, gibt es doch viel zu wenig dieser Romane: Arbeitermilieu. Und eben keine hippen Jobs und niedliche Mädchen mit weißen Ponys darin. Johanna ist da ganz ehrlich, wie sie überhaupt bei nichts ein Blatt vor den Mund nimmt. Arbeiterkinder träumen nicht von einem eigenen Pony, schreibt sie, denn sie haben ganz andere Sorgen. (Und machen sich wenig Illisionen darum, dass sie das Pony ohne Geld gar nicht am Leben halten könnten.)
Sie selbst ist recht pummelig und es ist wenig hilfreich, von Dosenmilchreis leben zu müssen (kein Geld), weil er für unreine Haut sorgt. Schnell begreift sie, dass Leute sich immer ein Bild von einem machen und man davon nur schwer wieder loskommt. Also erfindet sie sich quasi neu - schwarze Klamotten (Kleiderkammer), Doc Martens und ein Zylinder auf dem Kopf machen sie unverwechselbar. Als sie in der Schule einen landesweiten Gedichtewettbewerb gewinnt und ins Fernsehen kommt, weiß sie, dass es das Schreiben sein wird, von dem sie leben möchte. Durch Zufall kommt sie zu einem Musikmagazin und das ohne die gängigen angesagten Bands zu kennen. Ein Umstand, dem sie Abhilfe schafft.
Es ist bewundernswert, wie sie ihren Weg geht, vor allem immer vor dem Hintergrund, dass sie kein Geld hat. Eine Busfahrkarte will erschnorrt werden, die öffentliche Bibliothek ist erschwinglich, aber auch hier heißt es sparen (dann eben nächste Woche). Was außerhalb des Budgets ist, steckt Johanna unbezahlt in die Tasche: Deodorants, Kajal und andere Kleinigkeiten.
Der Anfang des Romans, der sich ausschließlich mit Johanna und ihrem Umfeld beschäftigt ist ein absoluter Pageturner für alle, die sich darauf einlassen. Sobald dann jedoch Dolly immer mehr in den Vordergrund tritt, können auch schon mal etwas langgezogene Passagen auftreten. Sexualität durchzieht den Roman wie ein bunter Faden und erschwert das Ganze dann doch ab und an, weil es mitunter etwas aufgesetzt und übertrieben wirkt. Ja, Mädchen haben auch Bedürfnisse und sollen diese ausleben. Johanna scheint jedoch ihre eigenen Grenzen nicht zu kennen und treibt es (buchstäblich) zu weit. Die Quittung lässt nicht lange auf sich warten.
Die Botschaft des Romans sollte nicht unterschätzt werden. Nicht minder das bloße: Sei immer du selbst. Es spielt keine Rolle wo du geboren wurdest, mit festem Willen und Entschlossenheit kannst du alles schaffen. Nicht zuletzt, wenn du deine Familie hinter dir weißt. Lass dich nicht zu dem machen, was andere in dir sehen (wollen), bleib auf dem Weg, Rotkäppchen. Wölfe gibt es genug.
Caitlin Moran und Johanna sind beide gerade heraus, oft ein bisschen frotzelig (das muss im Original viel Spaß machen), was aber sehr liebenswert wirkt. Das Umfeld wird sehr lebendig geschildert, ebenso die Angst einer Vierzehnjährigen, die befürchtet, dass die Familie auch das letzte Bisschen Unterstützung vom Staat verliert und sich mutig auf die Suche nach einem Job macht. Mit Intimitäten, wenn auch erst spät wirklich ausgelebt, übertreibt sie es, wenn man darüber auch hinweglesen kann. Das Feeling und die Atmosphäre kann nur rüberbringen, wer es wirklich erlebt hat. Ein bisschen nostalgisch werden ist erlaubt und überhaupt ... vergnügliche Stunden sind garantiert.

http://www.caitlinmoran.co.uk/
Caitlin Moran, geboren 1975, ist das älteste von acht Kindern und wuchs in Wolverhampton in England auf. Mit fünfzehn verfasste sie ihren ersten Roman, mit sechzehn ihre ersten Artikel für den Melody Maker. Seit sie achtzehn ist, schreibt sie Kolumnen für die Times. Sie wurde für ihre journalistische Arbeit bereits mehrfach mit dem British Press Award ausgezeichnet. Ihr „feministisches Manifest mit viel schrägem Humor“ (Zeit-Magazin), How to be a woman (dt. 2012), war ein internationaler Bestseller. Ihr neuer Roman All About a Girl stürmte in Großbritannien die Spitze der Bestsellerlisten und erscheint in zahlreichen Ländern.
Moran lebt mit ihrem Mann und den beiden Töchtern in London.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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