Dienstag, 17. April 2018

Die Geschichte des Wassers - Maja Lunde

Titel: Die Geschichte des Wassers
Autorin: Maja Lunde
Originaltitel: Blå
Verlag: btb
ISBN: 978-3442757749
Euro: 20,00
Veröffentlichungsdatum: März 2018
Seiten: 480
Kein Serientitel
Come in: vorablesen









Inhalt

Norwegen 2017. Die 70-jährige Umweltaktivistin Signe Hauger macht sich mit ihrem kleinen Boot "Blau" auf den Weg von ihrer Heimatstadt nach Frankreich. Dort lebt ihre alte Jugendliebe Magnus, der sich aktiv am Raubbau der Gletscher und des dortigen Wassers beteiligt. Wenn sie ihn nicht zum Umdenken bewegen kann, da ist sie sich ganz sicher, wird es bald nur noch Dürre geben, denn der Eingriff in die Natur ist zu gewaltig, als dass diese das weiterhin aushalten könnte.
Frankreich 2041. Der 25-jährige David ist mit seiner 5-jährigen Tochter Lou auf dem Weg in den Norden Frankreichs, weil es dort noch Wasser geben soll. Er hat seine Frau und seinen Sohn auf der Flucht aus den Augen verloren und hofft, sie im Flüchtlingscamp wiederzutreffen. Als das Leben dort zu eng für ihn wird, geht er mit Lou außerhalb des Lagers spazieren. Bei einem verlassenen Hof finden sie ein altes Boot, auf dem sie viel Zeit verbringen. Derweil platzt das Camp aus allen Nähten, es kommen keine Vorräte mehr und Gewalt greift um sich. Was soll David nur tun?


Meinung

(Nicht Spoilerfrei!) Maja Lunde hat sich ein hochaktuelles Thema für ihren neuen Roman ausgesucht, das bereits jetzt unsere Welt gewaltig verändert. Ihre Geschichte erzählt sie in zwei Zeitebenen, die sich sehr anschaulich mit eben diesem Thema auseinandersetzen. Leider verlaufen diese im letzten Drittel sehr enttäuschend im Nichts. Aber vielleicht ist der Weg das Ziel; dennoch können die sehr hohen Erwartungen nicht zufriedengestellt werden.
Im Prinzip sind es zwei Geschichten, die erzählt werden. Auf der einen Seite ist da Signe, die tapfer mit ihrem kleinen Boot, das bereits über fünfzig Jahre alt ist, übers Meer schippert. Bei Sturm und Regen, vorbei an anderen Schiffen und den zahlreichen Ölplattformen. Dabei denkt sie über ihre Kindheit und jungen Jahre nach, die ansprechend in Rückblicken erzählt werden. Ihr Vater war bereits eifriger Verfechter der Umwelt und des Wasser, die kleine Signe gerät nach ihm. Aber der "Fortschritt" lässt sich nicht aufhalten und so wird Liter für Liter abgepumpt und weggebracht, Flüsse werden still- oder umgelegt und die Natur verändert sich nachhaltig. Aus Signe und Magnus wird fast zwangsläufig ein Paar, Lunde zeichnet gekonnt eine harmonische Beziehung, die aber unter keinem guten Stern steht. Signe gibt nie auf, das ist etwas, das die Figur wirklich auszeichnet. Doch aus irgeneinem Grund scheint sie ganz am Ende zu kapitulieren, eben just, als sie und das Boot stranden. Weil es nichts mehr aufzuhalten gibt? Weil ihr plötzlich nach all den Jahrzehnten die Luft ausgeht? Weil da nichts mehr zu retten ist? Es ist nur schwer verständlich.
Auf der anderen Seite haben wir den jungen Mann und Vater David, der eine wesentlich ältere Schwester und einen Vater hat, die bereits lange vor ihm aufgebrochen sind und von denen er im Chaos der Welt nichts mehr gehört hat. Seine Frau und er sind geblieben, damit er in der Salzanlage arbeiten konnte, die aus dem Salzwasser des Meeres trinkbares Süßwasser macht. Doch dann bleibt oft tagelang der Strom weg, die Lebensmittel werden knapp ... sie haben keine Wahl, sie müssen fliehen. David ist bis auf die wenigen Informationen leider sehr grau geblieben, obwohl er seine Geschichte selbst erzählt. Das Leben im Lager wird sehr realistisch dargestellt, Lunde schreibt in der Danksagung, dass sie sich ein real existierendes Flüchtlingscamp in Spanien angeschaut hat, was es noch fassbarer macht. Rund ums Boot geschieht eigentlich nichts Aufregendes, die meisten Themen werden nicht wirklich angefasst. Die Zuspitzung im Lager selbst, als die Rationen kleiner und die Helfer abgezogen werden, ist jedoch geglückt. Als David von der Salzanlage spricht, geschieht das leider nur sehr hintergründig, obwohl das beim Thema Wasser sicher nichts ist, was nur lohnt am Rande erwähnt zu werden. Generell das Thema "Meer" kommt reichlich kurz. Natürlich sind offenbar die Gletscher weiter geschmolzen, das Meer hat sich ins Land gefressen und dieses ist durch den Salzgehalt unbrauchbar geworden. Warum wird nicht weiter gefördert oder nur in diesem Land? Was ist mit den Fischen? Welche Länder bilden "den Norden", wenn Frankreich zu den südlichen Ländern gehört?
Leider verbinden sich die beiden Geschichten nicht. Signe und David haben nichts gemeinsam, allenfalls das Boot vereint beide. Vermutungen, die sich zwecks der Familienbande ergeben, verlaufen wie alles andere im Sand.
Die Autorin erzählt durchaus eindringlich und sehr angenehm, wenn auch oft die Dialoge überhandnehmen. Aber es wirkt, als sei hier irgendwie nicht ganz zu Ende gedacht worden, als fehle etwas und zwar der wichtigste Teil von allem. Auch David erhält kein wirkliches Ende, eher wirkt es wie abgeschnitten. Was geschieht nun? Am ärgerlichsten war die Frau, die er im Lager kennenlernt. Welche Funktion soll diese haben? Alles was er mit ihr tut ist, sie ausdauernd und genau beschrieben zu beschlafen. Welchen Zweck hat dieser Teil der Erzählung, wenn er sie doch am Ende wegjagt?
Obwohl Maja Lunde hervorragend recherchiert hat, hat sie das Thema, welches sie bearbeiten wollte, leider nicht gefunden und schreibt quasi daran vorbei. Sie kommt leider auch nicht auf den Punkt, hält keine Fabel, keinen Hinweis, keinen Zeigefinger bereit. Letztendlich steht die Frage im Raum, was die Autorin eigentlich sagen wollte.
Dennoch ist das Buch auch wegen der recht wenig beschriebenen Seiten in kürzester Zeit ausgelesen und regt dazu an, sich einmal näher mit dem Thema Wasser(-verschwendung) zu befassen. Nur eine Empfehlung ist dieses zweite Buch - nach dem Vorgänger "Die Geschichte der Bienen" - im geplanten Klima-Quartett nicht geworden. Von der Autorin würde ich jedoch jederzeit wieder etwas lesen.


Maja Lunde wurde 1975 in Oslo geboren, wo sie auch heute noch mit ihrer Familie lebt. Sie ist eine bekannte Drehbuch- sowie Kinder- und Jugendbuchautorin. Die Geschichte der Bienen ist ihr erster Roman für Erwachsene, der zunächst national und schließlich auch international für Furore sorgte. Er stand monatelang auf der norwegischen Bestsellerliste und wurde mit dem Norwegischen Buchhändlerpreis ausgezeichnet.

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Es ändert sich nichts am Kommentieren, nur muss jetzt dieser lange untere Absatz dabeistehen. Ich danke allen, die mir einen Gruß dalassen!

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